Der Monat September bietet sich für einen Besuch im Weinkeller bei einem lokalen Winzer an. Unser Tipp: Die Bodega Ca‘n Novell in Binissalem heißt jeden Besucher auf ein Probiergläschen ihres vorzüglichen und dabei äußerst preiswerten Weines willkommen.
Diese Bodega ist anders als andere: Der Binissalemer Winzer Andreu Villalonga produziert Wein, so wie er es für richtig hält und verzichtet bewusst auf die bei anderen Winzern so begehrten Ursprungsbezeichnungen oder Gütesiegel. Worauf es ihm ankommt:
„Guter Wein, der für jedermann erschwinglich ist.“
Sein Erfolg und die Beliebtheit seiner Ca‘n Novell-Weine über die Inselgrenzen hinaus geben ihm recht: Andreu gelingen großartige Tropfen zu mehr als fairen Preisen: Ca‘n Novell Weine sind Cuvees aus einheimischen und ausländischen Trauben, die tatsächlich schon ab fünf Euro bestellt und im Direktvertrieb in der Bodega sogar noch günstiger gekauft werden können. So kostet hier eine Flasche mit dem schweren Sang-Rotwein zum Beispiel lediglich drei Euro.
Nonkonformistisch und erfolgreich
Rebellisch zeigte sich Andreu bereits als junger Mann und setzte sich über den Wunsch des Vaters hinweg, in dessen Fußstapfen zu treten und die Ca‘n Novell-Bodega in vierter Generation zu übernehmen. Zuerst einmal wollte Andreu Journalismus studieren und ging dafür nach Bilbao und Barcelona. Er besann sich aber – zum Glück für das Familienunternehmen und die Weintrinker – und machte in Madrid seinen Master in Önologie, bevor er nach Mallorca zurückkehrte. Seitdem ist er der Herr über eine der beliebtesten und urigsten Bodegas, die Mallorcas Weindorf Binissallem zu bieten hat.
An der Hauptstraße Richtung Dorfplatz liegt das schöne alte Dorfhaus, dessen großes Garagentor meistens offensteht: Ein großes Gewölbe mit hohen Decken lädt ein, die an den Wänden stehenden, über 200 Jahre
alten, riesigen Weinfässer aus Olivenholz zu bewundern, die bis zu 5.000 Liter fassen. Auch ein paar kleinere Fässer aus amerikanischer und französischer Eiche stehen dazwischen und zu wahren Türmen stapeln sich die 4-Liter-Glaskaraffen für den Wein. Auch die anderen wunderbar restaurierten Räume sind voller Weinfässer – hier zeigt Andreu manchmal Ausstellungen – und den hinteren Bereich füllen riesige rote Weintanks. Am Eingang steht eine alte Ölpresse, und auch heimisches kaltgepresstes Olivenöl kann hier erworben werden. Eine Augenweide das Ganze – mit einem betörenden Duft in der Luft von starkem Wein.
Stierblut und Süßweine
Magisch wird der Weinfreund von diesem skurrilen Ort angezogen und kann ein Gläschen vom „Blanc“, „Rosat“, „Sang de Bou“ (Stierblut), „Negre“ oder „Moscatel“ für einen Obolus von drei Euro probieren. Insgesamt werden 15 verschiedene Rebensäfte bei Ca‘n Novell gekeltert. Die Rotweine überwiegen, aber Andreu versichert, dass sich die Nachfrage nach Weißwein in den letzten 15 Jahren verdoppelt hat.
Auch Süßweine hat er, vor allem sein Wermut ist sehr zu empfehlen: Gekühlt, mit Eis, einer Zitronenscheibe und einer Olive ist dieser ein exzellenter Aperitif. Wir fragen, wie die neue Ernte ausgefallen sei? „Sehr gut, nur leider etwas geringer als im Vorjahr, aufgrund des Rekordregens im Juni“, erzählt Andreu. Ab Ende des Jahres, im Dezember oder spätestens im Januar werden die neuen Weine zum Verkauf bereitstehen.
Andreu macht seinen Wein mit Leib und Seele, packt immer mit an und ist entweder auf seinen Weinfeldern oder in seiner Produktionsstätte in Binissalem. Der eingefleischte Junggeselle ist sozusagen mit seiner Bodega verheiratet; er wohnt sogar direkt darüber.
Winzer mit Umweltbewusstsein
Über 100.000 Flaschen werden bei Ca‘n Novell jährlich abgefüllt – und zwar umweltbewusst, das entspricht Andreus Charakter. Die Pfandflaschen werden recycelt und zweimal im Monat in einer antiken, aber perfekt funktionierenden Flaschenreinigungsmaschine gesäubert und erneut mit dem reifen Rebensaft gefüllt und verkorkt. Und die Trauben verschont Andreu selbstverständlich komplett von Pestiziden.
Zertifikate, Auszeichnungen, Kritiker und Verbände – alles schnuppe, was zählt, sind die Kunden. Und die sind der Bodega treu: So manch einer lässt sich seit einem halben Jahrhundert von und mit Ca‘n Novell beliefern. Frei Haus natürlich, das versteht sich fast von selbst. Zu Andreus Kundschaft zählt nicht nur das halbe Dorf und inselweite Mallorquiner sowie sehr viele Residenten und Besucher, sondern auch typische Dorf-„Colmados“ (kleine Läden, in denen es fast alles gibt), sowie kleinere und größere Weinhandlungen.
Zum Beispiel die Bodega Santa Clara mitten in Palmas Altstadt in der gleichnamigen Straße Nr. 8. Auch hier kann man die guten Ca‘n Novell-Tropfen degustieren, und auch hier sitzt man zwischen (etwas kleineren) Weinfässern, ähnlich gemütlich und stimmungsvoll wie im Binissalemer Weinkeller selbst.
Vins Ca‘n Novell
C/ de Bonaire, 17 in Binissalem
Tel. 971 51 13 10
www.cannovell.com
Öffnungszeiten: Mo – Fr: 8 – 20 Uhr (Mittagspause 13 – 15 Uhr), Sa: 8.30 – 14 Uhr. Auch Weinproben in größerer Runde können auf Anfrage organisiert werden.